Buon appetito

Rom

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Es ist ein Gemetzel. Ein lustvolles Ringen mit den Elementen. Das geröstete Weißbrot stiebt in alle Richtungen, Olivenöl mäandert träge Mittel- und Ringfinger meiner rechten Hand entlang und prächtige Paradeiserstücke folgen plump der Schwerkraft und landen auf dem Teller.
Ich esse Bruschetta.

Lucius Licinius Lucullus war ein erfolgreicher Mann. Ein erfahrener Politiker, siegreicher Feldherr und einer der wohlhabendsten Römer seiner Zeit. Auf einem seiner Kriegszüge fand er die Muße, von einer Frucht zu naschen. Und hat sie dann gleich mitgebracht nach Hause, der hat’s dort gut gefallen. So ist sie also heimisch geworden in Europa, die Kirsche. Der Nachwelt in Erinnerung geblieben aber ist Lucullus einer andern Sache wegen.
Er hat gern gut gegessen.

Die Bruschetta ist Geschichte, vor uns dampft die Pasta. Ob Fettuccine con carciofi oder Pici cacio e pepe, schon der Name sorgt für Wohlgefühl. Erst recht der freudvolle Verzehr. Ein Zieh-mich-hoch zur Krönung dieses Mittagsmahls und ein Caffè als Kontrapunkt, wer kann da unzufrieden aufstehen?
Il conto, per favore.

Es ist ja Rom kein kleines Dorf, da kann man schon mal eine Stärkung gebrauchen auf seinen Erkundungstouren. ‚Buon giorno‘, rufen wir im Gleichklang und stehen schon am Tresen. Der Raum ist schmal, die Stimmung heiter, der Service prompt wie jedes Mal. ‚Due macchiati, per favore‘, spreche ich die Zauberformel, sie wirkt immer. Erhellend aufs Gemüt und wahrlich moderat aufs Portemonnaie. Ringsum nur Italiener, erstaunlich wortkarg, sie brauchen Kaffee. Das beständige Zischen und Fauchen der Maschine, das Scheppern der Tassen, das Klimpern von Kleingeld, ein freundliches ‚Ciao‘. Ein Lieferant, der einen Sack Bohnen in den Nebenraum schleppt. Wir leeren die Tassen. Ziehen weiter.

Was wäre die römische Küche ohne diese Distel? Stolz liegt sie vor uns, die Artischocke, eröffnet unser Abendessen als Carciofi alla romana gemeinsam mit den grandiosen Fiori di zucca. Zucchiniblüten, sie sind gefüllt mit Mozzarella und Anchovis, man fühlt sich fast wie Pawlows Hund. Wir sitzen am Ecktisch, der Raum ist nicht groß. Vor uns die obligate Wasserflasche, der Hauswein kommt im kleinen Gebinde und mit großen Versprechungen. Wer bringt es über sich, Italien in solchen Momenten nicht zu lieben? Dann die Pasta. Lasagna al ragù, Ravioli mit Ricottafüllung. Der Hauswein schwindet bedenklich. Wir sitzen und beobachten. Hören die gedämpften Gespräche der anderen Gäste, sehen virtuos sich bewegende Kellner, die aufmerksam sind und flott zugleich. Ein französisches Paar ordert in seiner Landessprache, ein deutsches in tadellosem Italienisch. Ich radebreche bloß, doch das mit großem Enthusiasmus. Man nimmt es mir nicht übel, es sind ja die Italiener dankbar für jedes bemühte Wort. Wo ist der Hauswein hin? Der Weg zur Toilette ist kein weiter, die Kabine nur bedingt für Adipöse geeignet. Ich pinkle so lange und reglos, dass das Licht ausgeht. Anschließend wasche ich meine Hände in einem antiken Marmorbecken.

Als Nachspeise noch ein Tiramisù. Vielleicht noch ein Glas Wein dazu? ‚Un bicchiere di rosso, per favore.‘ Das klappt schon ganz gut, ich ernte ein ‚certo‘ und kassiere die flüssige Beute meiner linguistischen Bemühungen nach wenigen Augenblicken. Salute!

Es ist Zeit zu gehen, auch wenn es schwerfällt. Ein Mann kommt uns entgegen, reicht uns die Hand, wünscht eine gute Nacht. Es ist der Chef persönlich. Wir treten auf den kleinen Platz, er wird umringt von einer Legion geparkter Vespas. Und über hartes Kopfsteinpflaster, vorbei an barocken Palazzi und einer schlafenden Katze, kehren wir zurück ins Hotel.

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