Kulinarisch ist so eine Reise in die Provinz immer ein wenig riskant. Man kennt sie ja, die Landgasthäuser, in denen das Schweinsschnitzel von der Fritteuse zur Welt gebracht und der obligatorische gemischte Salat prinzipiell in Essig ertränkt wird. Jetzt ist es aber so, dass wir in dieser Hinsicht gar nix zu beklagen haben, weil gegessen bislang ganz hervorragend. Da wäre etwa der Oppitz in Eggenburg oder der famose Schweinsbraten im Retzbacherhof, den sie leider nur am Sonntag servieren. Obwohl, den Schweinen wird’s wohl nicht unrecht sein. Dann natürlich der Steiner in Ladendorf mit seinem gemütlichen Gastgarten vor der klassizistischen Villa gleich hinter dem Kreisverkehr, den sie grad umbauen, und die Müllerstube in Neudorf, wo du ein erstklassiges Menü um sechs fünfzig bekommst und nachher genauso zufrieden bist wie die Bauarbeiter am Nebentisch.
Die Kontrapunkte auf der kulinarischen Hitliste gibt’s natürlich nach wie vor, das ist schon wahr, da darf man nicht wegsehen. Hingehen aber auch nicht. Und seht ihr, da haben wir auch wieder Glück gehabt. Weil, als wir in dieses Lokal in dings gegangen sind und schnell den verqualmten Gastraum durchquert – bei Polen gegen Senegal ist’s übrigens in der neununddreißigsten Minute grade 0:1 gestanden – und im Garten zwei nicht von Vögeln verschissene Sitzplätze gefunden haben: die nette Kellnerin sagt uns doch glatt, Küche leider nur bis sechzehn Uhr.
Ja was glaubst du, wie groß die Erleichterung, weil die Blöße willst du dir natürlich auch nicht geben, dass du jetzt zugibst: Gott sei Dank, weil runterwürgen hätt‘ ich’s schon können, aber wieder rauf hätt‘ ich jetzt auch nicht wirklich gebraucht. Also sagt man schnell das ist aber echt schade, weil Hunger hab ich schon und verrennt sich gleich, weil man panisch durch den verschlossenen Seitenausgang will.
Also ab zum Nagl-Hager in Marchegg, weil am Dienstag haben ja prinzipiell alle Wirtshäuser im Umkreis von fünfzehn Kilometern zu, das ist wahrscheinlich so eine Art Naturgesetz, das weder der Newton noch der Darwin entdeckt haben. Der Nagl-Hager aber rein optisch, wie soll ich’s sagen, dem Gasthaus in dings nicht unähnlich, nur du noch eine Spur hungriger und das Lokal halt offen. Also was willst du machen, sollst du bis in die Hohe Tatra fahren, damit du am Dienstag was zum Essen bekommst? Und siehst du, da ist es dann, das Zeichen: weil auf der Speisekarte ein Tatraschnitzel und Budweiser Bier vom Fass und drinnen Kellner, was spricht slowakisch und Koch wahrscheinlich auch, was weiß ich. Tatraschnitzel hat übrigens bei den Allergenhinweisen so viele Buchstaben, dass der Franz Werfel daraus mühelos eine Novelle hätt‘ machen können, aber das darf einen nicht irritieren, wenn man am Dienstag Abend hungrig ist.
Und siehe da: Tatraschnitzel ganz super und alles andere auch und Budweiser vom Fass sowieso, weil sonst hätt‘ sich der Kellner genieren müssen, ganz gleich jetzt ob Tscheche oder Slowake.
Marchegg überhaupt eine Reise wert, weil Stadt mit den meisten Weißstörchen in Österreich, da kann Rust einpacken, man glaubt es ja nicht. Und Schloss Hof natürlich auch ganz toll, weil da sieht man wieder, was rauskommt, wenn hohe Herrschaften sich ein Kleingartenhaus bauen.