Rechtschaffen

Aus dem Alltag

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Papa meint, dass die schon recht hätten. Dass denen mal jemand zeigen müsste, wo ihr Platz ist. Er redet immer recht laut, wenn er solche Sachen sagt, was ich komisch finde, weil nur Mama, ich und Konrad am Tisch sitzen. Mama ist dann immer ganz still und schaut auf ihren Teller und Konrad sagt auch nichts, er ist ja erst ein Jahr alt. Also glaube ich, dass Papa wegen mir so laut spricht, weil ich am weitesten weg sitze. Jedenfalls höre ich ganz genau zu, wenn er so redet, auch wenn ich nicht alles verstehe.
Ich bin ja erst sieben.

Manchmal will ich fragen, wer die sind und die anderen, aber ich traue mich nie. Das muss doch auch rauszufinden sein, wenn man drüber nachdenkt. Papa sagt zum Beispiel oft, dass die anderen nicht hierher gehören, und das wieder leuchtet mir ein. Sie hätten ja auch gar keinen Platz in unserer Wohnung und am Esstisch wird’s richtig eng, wenn mal sechs Leute sitzen. Da wird Papa schon recht haben.

Außerdem nehmen uns die die Arbeitsplätze weg, sagt er und ich frage mich, ob das jetzt die sind, die schon recht hätten oder doch die anderen. Aber so, wie er ‚die anderen‘ sagt, meint er wahrscheinlich die. Einfach ist das nicht.
Gleich drauf meint er, dass die arbeitsscheu wären, und wenn das stimmt, dann können das nicht die anderen sein, also die, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen. Weil was würden die dann damit machen? Ist ja auch blöd, so einen Arbeitsplatz zu haben, den man gar nicht will.

Wahrscheinlich sind die Arbeitsscheuen also doch die, die recht haben.

Und auf einmal bin ich ganz stolz, weil jetzt alles einen Sinn ergibt. Weil wenn die, die recht haben, soviel Zeit zum Nachdenken haben, weil sie nicht arbeiten, dann können sie auch den anderen zeigen, wo ihr Platz ist. Dann müssen die sich nämlich keine Gedanken mehr drüber machen und dafür sind sie sicher total dankbar. Dumm ist der Papa nicht, das hat er voll durchschaut.

Am besten gefällt mir aber, wenn er sagt, dass endlich einer kommen müsste, der so richtig aufräumt. Das würd‘ ich mir auch wünschen. Weil dann müssten nicht immer Mama und ich die leeren Teller wegräumen.

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