Hätt ich gern. Ich stelle mir vor, wie der bedenkenträger in städten neben mir herläuft und mir alle bedenken abnimmt, wie er mich vom bahnhof abholt oder zum zug begleitet oder zum flugplatz, wie er dann auch den flug zusammen mit mir überlebt – ganz grau im gesicht, ich frisch. Im gebirge läuft er hinter mir her und trägt schwer. Ich laufe leicht voraus. Abhänge und gewitter oder plötzlich ausbrechende hagel- und schneestürme und selbst die dazugehörenden schneelawinen können mich nicht schrecken, da mein träger sie für mich schultert. So steht einem die ganze welt offen, die man bedenkenlos bereisen kann, vom dschungel bis zur wüste ohne wasser. Man könnte auch auf den mars oder mit einem geliebten menschen in ferne galaxien fliegen. Wenn ich früher von bedenkenträgern gewusst hätte. Aber früher war man auch nicht so ängstlich.
Aus:
Manuela Fuelle: Lexikon der Doppelwörter, erschienen 2020 im Derk Janßen Verlag.
Manuela Fuelle, geb. 1963 in Berlin, lebt als Diakonin und freie Autorin in Freiburg. Seit 2004 veröffentlicht sie in Literaturzeitschriften und Anthologien. 2011 erschien ihr erster Roman Fenster auf, Fenster zu, 2016 Luftbad Oberspree. 2017 erhielt sie den Thaddäus-Troll-Preis.
Manuela Fuelle
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