Verwurzelt

Aus dem Alltag

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Maria war dreiundachtzig, als der Krieg verlorenging. Es war ein Krieg, der nicht ihrer war, dessen Gründe sie nicht verstand, der ihr ebenso nutzlos schien wie jeder andere. Er kümmerte sie nicht bis zu jener Stunde, da Soldaten in ihrem Garten standen, Tomaten von den Stauden rissen, einen Rosenstock umtraten, den der Großvater gepflanzt hatte. Hinaus! rief einer in seiner fremden Sprache, die sie ein wenig verstand. Es war ein schmächtiger Bursche, der da den Lauf seines Gewehrs auf sie richtete. Maria, die nicht wusste, an welchen Ort dieses Hinaus! sie führen könnte, sagte nichts, tat keinen Schritt, rieb sich bloß die Hände trocken an der Schürze, die sie trug, da sie eben Kartoffeln geschält hatte. Der Mann entsicherte sein Gewehr. Erschieß mich, wenn du willst, sagte Maria in ihrer Sprache, mied die Augen des Mannes, blickte über seine Schulter hinweg auf die Felder und Wiesen, die am Ortsende lagen. Mehr sagte sie nicht.

Der Mann schoss nicht. Schrie sie nur an, stieß sie beiseite, grob, gab den anderen ein Zeichen, trat ins Haus. Einer lachte. Maria stolperte, verlor das Gleichgewicht, fiel ins Gurkenbeet. Als sie dort lag, die Hände in die Erde grub, die Augen geschlossen hielt, begriff sie, dass dieser Krieg auch der ihre gewesen war.
Wochenlang, da nichts weiter geschah. Fremde Soldaten kamen ins Dorf, nahmen Quartier, zogen weiter. Maria blieb. Saß in den sternendunklen Nächten auf der Veranda, sah die Obstbäume, die Schemen der Nachbarhäuser, die verwaist waren, hörte das Zirpen der Grillen, das Lachen der Männer und die Schreie der Mädchen.

Es kam der Tag, da sie vor ihr standen. Ein Hüne der Mann, mit breiten Schultern, grauen Augen, die Frau flachsblond, kräftig. Die drei Kinder, die wild durch den Garten liefen. Eine Alte, die ihr, Maria, in die Augen sah, als einzige. Der Mann neigte den Kopf, hob die Hand, deutete auf die Tür. Maria öffnete sie.
Die Menschen jagten sie nicht fort, ließen ihr die Hütte, die im Garten stand im windgeschützten Winkel. Erlaubten ihr, Gemüse zu pflanzen auf den paar Quadratmetern, die man ihr zuwies. Was notwendig war zum Überleben, das gab man ihr, tauschte mitunter auch ein Lächeln, ein paar freundliche Worte. Sagte sie, wunderlich, doch so kam es, in der Sprache des anderen.

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