Erwachen

Aus dem Alltag

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Großvater lacht. Er schlägt drei Mal mit der flachen Hand auf seine Schenkel, fährt sich dann durch die Haare, die dünn sind und weiß und lang. Bub, sagt er, mir scheint, du wirst erwachsen. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und sehe ihn an, halb überrascht, halb wütend. Es gefällt mir nicht, mit welcher Leichtigkeit er über meine Nöte spricht. Ich blicke zu Boden und schmolle. Jetzt schau nicht so beleidigt, sagt Großvater und boxt mich in den Oberarm. Lass das, will ich sagen, stattdessen muss ich grinsen. Er weiß, dass ich ihm nicht böse sein kann. Nicht ihm. Jetzt erzähl schon, sagt er und zündet sich eine Zigarette an. Ich frage mich, wo ich beginnen soll, entscheide mich dann für die knappste aller Versionen. Ich hab’s verbockt, sage ich. Das mit der Marie?, fragt Opa und macht einen Lungenzug. Zumindest lacht er nicht mehr, denke ich und höre ihn sagen: Nur weil du sie ins Wasser gestoßen hast? Sie hat mir das schon übel genommen, Großvater, sage ich und schaue auf die Nachbarskatze, die ihre vier Jungen in den Schutz einer Thujenhecke scheucht. Und dass sie bloß ein weißes T-Shirt getragen hat, hat nicht geholfen, nehme ich an?, sagt Großvater und lacht schon wieder. Ich seufze und schließe die Augen, was keine gute Idee ist, weil ich Marie vor mir sehe, wie sie, tropfnass und fuchsteufelswild, aus dem Teich steigt. Ihr weißes T-Shirt sehe ich auch. Kopf hoch, sagt Großvater und klopft mir auf die Schulter. Du magst sie, oder?, sagt er und so, wie er das sagt, klingt es keineswegs wie eine Frage. Ich nicke stumm. Dann solltest du sie vielleicht nicht in Teiche stoßen, meint Opa, grinst und klopft Asche von seiner Zigarette. Eins der Katzenjungen läuft aus der Hecke und stolpert über die Rasenkante, zwei Schmetterlinge umtanzen einander im Flug. Kennst du sie gut genug, dass du weißt, womit du ihr eine Freude machen kannst – eine kleine?, fragt Großvater. Ich denke schon, antworte ich und schöpfe ein wenig Hoffnung. Guter Mann!, sagt er und boxt mich wieder in den Oberarm. Und jetzt hör mir gut zu, sagt er: Heute lässt du sie in Ruhe, hast du verstanden? Er sieht mich ernst an. Ich schlucke und nicke. Und morgen dann wirst du vor ihrer Tür stehen, adrett und reumütig, und dein Geschenk wirst du auch dabeihaben. Ein paar Sekunden, dass wir beide schweigen, bis Großvater fragt: Glaubst du, du kriegst das hin? Ich überlege einen Moment, ob ich mich trauen werde, beobachte, wie die Katze ihr Kleines in die Hecke schleppt. Ja, sage ich dann und deute auf Opas Zigarette. Darf ich auch mal?, frage ich. Großvater lacht. Nächstes Mal, sagt er. Und jetzt erzähl mir von ihr.

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