Die Füße wirbeln den feinen Sand am Strand auf. Dann berühren die Zehen das Wasser und der Boden unter den Füßen ist fester. Es ist nur Wasser, denkt der Mensch am Strand, von hier bis wer weiß wo. Um die Erde herum. Wasser. Bevölkert von unbekannten Wesen. Dort, wo die Tiefe beginnt. Aber schon im nassen Saum zeigt sich Leben, Muscheln und Krabben, manchmal huscht ein winziger Fisch davon, nicht mehr als ein Strich von Schatten auf gelbem Grund. Die Zehen graben sich in den nassen Meeresboden, wie Würmer, lebendig, wie der Beginn von allem. Die Wellen laufen sanft aus, in ihnen ist jede Bewegung des Meeres. Das Sonnenlicht schimmert auf ihnen, leuchtet in den zerstäubenden Wassertropfen im Seewind. So entstehen Gedichte, denkt der Mensch, der zu siebzig Prozent aus Wasser besteht.
Aus:
Rüdiger Preuss: Mosaik, Skizzen & Geschichten, BoD, 2024
Rüdiger Preuss, geboren 1956, lebt als Schriftsteller in Dortmund. Viele private und berufliche Reisen, u.a. zehn Jahre mit dem Circus Roncalli.
Letzte Veröffentlichungen:
„Endspiele“, Roman, Edition offenes Feld, 2022
„An zwei Meeren“, Erzählung, BoD, 2024
„Mosaik“, Skizzen & Geschichten, BoD, 2024
Rüdiger Preuss
Rüdiger Preuss bei Literaturport
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