Ich begriff nicht

Gastbeiträge

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Ich schrak auf, starrte ins Dunkel. Ich begriff nicht, wo ich war, sah nichts, hörte nur das Klappern eines Fensterladens, den Gesang einer Katze. In meiner Brust hockte eine Verlorenheit, die mir in die Seele schnitt. Ich zwang mich zur Ruhe, tat tiefe Atemzüge, erkannte, nach und nach, vertraute Konturen wieder. Ich entspannte mich, machte Licht, sah auf das Kissen, das neben meinem lag. Es war verwaist, seit Ruth mich verlassen hatte. Ich ließ die Schultern sinken, biss mir auf die Unterlippe. Was, fragte ich mich, hatte mich geweckt? Ich schlich ins Wohnzimmer, öffnete die Tür, trat auf den Balkon. Die Nacht war wolkenlos und lau. Als ich den Kopf wandte, zu den Wohnungen schaute, die im rechten Winkel zu meiner lagen, bemerkte ich die Frau, die hinter geschlossenem Fenster stand, in die Nacht sah. Sie hielt ein Weinglas in der Hand, nippte daran von Zeit zu Zeit. Auf ihrer Schulter saß ein Papagei. Reglos stand ich, starrte sie an, spürte die Verlorenheit wieder, die in meiner Brust hockte. Ich stand wohl eine Stunde so, schaute, begriff nicht. Die Frau sah nicht in meine Richtung. Der Papagei blieb stumm.

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