Tsipouro in Monemvasia

Lakonien - Griechenland

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Bob Dylan singt gerade ‚Red River Shore‘, als der Hyundai elegant die Rechtskurve nimmt und wir zum ersten Mal den Felsen sehen. Auf der anderen Seite des Felsens dann eine Stadt, von der es heißt, sie sei eine der schönsten ganz Griechenlands.
Es ist Monemvasia.

Auf halbem Weg bleibe ich stehen. Die Steinpfade zur Oberstadt sind steil und glatt. Überall stehen Oleander und Bougainvilleen in voller Blüte. Irgendwo unter uns bellt ein grantiger Hund. Kaum ein anderer Laut ist zu hören, denn es ist windstill und brütend heiß. Nicht einmal die Zikaden geben einen Laut von sich.
Die haben wahrscheinlich eine starke Gewerkschaft und jetzt hitzefrei.

Hinter Agia Sophia sind wir dann fast allein. Abgesehen von dem französischen Paar, weil Franzosen triffst du ja überall, und dem manisch laufenden Deutschen in seinen frühen Zwanzigern, der seiner massiven Dehydrierung entgegenstürmt. Ansonsten nur Ruinen, Steine, ein blitzblauer Himmel und verdorrte Vegetation. Und ein Ausblick zum Niederknien.

Mittagessen dann auf der weinrebenumrankten Terrasse vom Matoula, wo wir den besten Oktopus unseres ganzen Lebens gegessen haben. Und Lob für unsere Bestellung hab ich auch bekommen, von unserem Tischnachbarn. Mein Wortschatz zwar jetzt eh nur rudimentär, aber die Griechen sind ja aussprachetechnisch ganz schreckliche Dinge gewohnt, da freuen sie sich über jeden, der nicht wie ein ignoranter Schafsbock durch ihre Sprache stolpert.
Ein wenig ins Plaudern gekommen sind wir dann auch noch, auf Englisch halt und später sogar auf Deutsch, weil er hat nämlich eine Zeit lang in Düsseldorf gelebt. Und komisch aber auch, weil da war er schon der Zweite auf unserer Reise.
Muss ein großes griechisches Dorf sein, dieses Düsseldorf.

Und ich dann noch so, ah!, einen Tsipouro trinkt ihr auch. Also der Plural halt, weil er mit seiner Freundin oder Frau dort war, was weiß ich. Meint er drauf, ja, aber eigentlich mögen sie den gar nicht so, ob ich den haben will? Hat er wohl das Leuchten in meinen Augen gesehen.
Die Doris hat zwar nachher gemeint: schau her, das ist eine rhetorische Frage, da sagt man höflich nein drauf. Aber Hand aufs Herz: Tsipouro von Tsililis lässt man nicht einfach stehen.
Geht gar nicht.

Ein Spaziergang durch Monemvasias bewohnte Unterstadt ist das reinste Vergnügen. An jeder Ecke ein Fotomotiv, die Wege so verschlungen, dass man nie genau weiß, wo man jetzt raus kommt und die Touristen so ermattet von der Hitze, dass sie sich in aller Stille ihrem Frappé widmen und einem nicht mit ihrem bunten Gewand ins Bild rennen.

Es heißt, Monemvasia sei eine der schönsten Städte ganz Griechenlands.
Man zeige mir eine reizvollere.

Den späten Nachmittag haben wir dann an einem Fjord verbracht. In Limenas Geraka haben sie nämlich einen, und zwar den einzigen von ganz Griechenland. Und im Remetzo dann die besten Frappés der ganzen Reise getrunken und die billigsten auch. Weil ein bisserl ab vom Schuss liegt Limenas Geraka schon, da wird’s dann bald einmal richtig preiswert.
Und ob ihr’s jetzt glaubt oder nicht: die Frau vom Tasso, also dem Wirten von der Taverne, ist eine Norwegerin.
Wo die sich allerdings kennengelernt haben, weiß ich wirklich nicht. Wahrscheinlich in Düsseldorf.

Und während der Hyundai auf der Heimfahrt Kilometer um Kilometer unter seine staubigen Achsen bringt und tapfer ein massives Schlagloch frisst, begleitet uns Paul Simons ‚Graceland‘ durch eine Landschaft voller Oliven- und Orangenbäume.
Es ist kurz vor Sonnenuntergang, als ich den Zündschlüssel aus dem Schloss ziehe. Abendessen in Gythio ist angesagt.
Diesmal allerdings ohne Freiluftkonzert.

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