Erschrick nicht

Aus dem Alltag

Written by:

Views: 163

Erschrick nicht, lieber Vater: ich habe ein Bein verloren. Sie sagen, dass ich Glück hatte, weil ich (dankbar sollte ich sein!) am Leben bin. Glück, das meinen vier Kameraden fehlte, denen die Mine doch mehr zerriss als bloß ein Bein. Ja, Vater, bloß ein Bein sagten sie, als ich wach wurde in jenem Lazarett vor den Toren der Stadt, die wir dreimal erobert haben und dreimal verloren. Dreimal. Sag: ist es nicht trost- und sinnlos, was wir tun? Sind wir, die wir unser Leben, unsere Gliedmaßen, unseren Verstand auf einem Altar opfern, der unser Blut verlangt, aber nichts zu geben weiß als falsche Versprechen, nicht dümmer als das dümmste Vieh? Denn eine Schlachtbank, Vater, ist es, nichts anderes, an die uns diese kleinen Männer geführt haben. Aber ich weiß es ja: auch ich trage Schuld, ich habe diese Männer (lange genug!) unterstützt. Sie haben die richtigen Ziele, dachte ich. Werden das Notwendige tun. Nichts, weiß ich jetzt, können sie tun, denn sie sind ebenso unfähig wie eingebildet. Der Krieg, den sie begonnen haben: wann wird er enden? Und welches Ende wird er finden? Mich aber hat er aus dem Feld genommen. Ich werde nach Hause kommen, lieber Vater. Bald.
P.S.: Es ist das rechte Bein.

Verwandter Artikel:
Kassiber

Comments are closed.