Immaterielles Kulturgut

Gastbeiträge

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Das Heim ist ein Kopf, der ißt und schläft, der schläft und aufwacht und denkt, sein Kopf sei fort. Nur der Appetit ist noch da, der Appetit ist vor ihm da. Es ist ein Mensch, der wach wird und die Zahnbürste hat Haare und ein Gebiß und lacht. Es ist ein Mensch, der geht in Hosen, ein Mann oder eine Frau in Hosen. Der Mensch geht ohne Ziel, geht durch die Gänge, geht durch den eigenen Kopf und sitzt irgendwo, sitzt im Park, wenn die Sonne scheint und der Mensch hat keinen Namen für die Sonne. Den Mond verschläft er regelmäßig. Die Sterne findet er manchmal in fremden Augen, aber die Augen gehen immer hinaus.

Das Heim ist ein Bett, das schläft ohne Umarmung. Der Schrank ist voller leerer Ärmel. Im Spiegel des Badezimmers hält kein Gesicht lange durch, fällt durch die Jahre und staunt plötzlich mit Kinderaugen. Alles schweigt, auch wenn es redet. Manchmal hört man eine Glocke, die schwingt ein Schlafender nebenan.

Aus:
Rüdiger Preuss: Endspiele. Roman. Edition offenes Feld (eof), Dortmund
Erschienen April 2022

Rüdiger Preuss. Autor in Dortmund. 1956 in Bochum geboren.
Wechselnde Jobs: Angestellter in der Musikbranche, Angestellter in einem Reisebüro, Altenpfleger, viele Reisen, 10 Jahre mit dem Circus Roncalli auf Tournee.
Veröffentlichungen:
„Nebel, den der Wind vertreibt“ 1998, dipa-Verlag, Frankfurt a. M. Bretagne-Ruhrgebietsroman
„Schreiben in der Metropole Ruhr“ Anthologie zum Kulturhauptstadtjahr 2010, Klartext Verlag, Essen
„Der Märchenfischer“ Roman, Horlemann Verlag, Berlin 2012
„Endspiele“ Roman, Edition offenes Feld (eof), Dortmund 2022
Rüdiger Preuss
Rüdiger Preuss bei Literaturport

Die Textrechte dieses Beitrags liegen beim Verlag, die Bildrechte bei Rüdiger Preuss.

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