Dass er das macht wie kein zweiter. Dass diese hundertfünfzig Seiten in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ihresgleichen suchen. Dass diese hundertfünfzig Seiten in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nicht ihresgleichen haben. Dass dieses Buch nicht hält, was das starke Debüt der Autorin versprochen hat. Dass ihre lyrische Stimme unverkennbar ist. Dass er in seinem neuen Roman nicht mehr seinen Ton findet. Dass hier Benns Diktum gilt, das Gegenteil von gut sei gut gemeint. Dass sie sich mit diesem einen Buch in die Weltliteratur eingeschrieben hat. Dass man dies als eine Schlüsselstelle dieser siebenhundert Seiten lesen muss/darf/sollte. Dass die Konstruktion dieser Dystopie zu hölzern daherkommt. Dass es sich nicht um Autofiktion handelt, auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag. Dass es sich liest, als sei Thomas Bernhard (Virginia Woolf, Julien Green, Hermann Bang etc. pp.) durch den amerikanischen Mittelwesten gereist und berichtete darüber für ein österreichisches, britisches, französisches, dänisches etc. pp. Blatt. Dass es sich keineswegs um einen Roman handelt, auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag, sondern um Autofiktion. Dass diese Autorin völlig zu Unrecht vergessen ist. Dass dieser Autor völlig zu Recht vergessen ist und kein noch so schönes Nachwort seine Bücher wieder lebendig machen kann. Dass es sich nicht lohnt, auch nur eine einzige Zeile dieses Buches zu lesen. Dass man einfach anfangen soll zu lesen und bis zum Schluss nicht mehr aufhören kann. Dass es unzweifelhaft ein großes Lesevergnügen ist. Dass es vom ersten bis zum letzten Satz eine Qual ist.
Das alles – und noch viel mehr – ist gewisslich wahr. Und auch schon oft geschrieben und
gesagt worden. Nur noch nicht von allen.
Noch unveröffentlicht.
Abschied von den Diskursteilnehmern erscheint 2024.
Jochen Schimmang, *1948 in Northeim, ist Schriftsteller, Hörspielautor und Übersetzer. Er ist Mitglied der deutschen Marcel Proust-Gesellschaft und der Robert Walser-Gesellschaft. Als Literaturkritiker rezensiert er für überregionale Zeitungen (u.a. Frankfurter Allgemeine Zeitung, taz) und den Rundfunk.
Zahlreiche Preise (u.a. Förderpreis des Landes NRW für Literatur, Rheingau-Literaturpreis, Italo-Svevo-Preis) und Stipendien.
Zuletzt erschienen: „Laborschläfer“, Roman, Edition Nautilus 2022, „Adorno wohnt hier nicht mehr“, Erzählungen, Edition Nautilus 2019, „Altes Zollhaus, Staatsgrenze West“, Roman, Edition Nautilus 2017.
Im Frühjahr 2024 erscheint bei Nautilus der Band „Abschied von den Diskursteilnehmern“.
Jochen Schimmang (Wikipedia)
Jochen Schimmang bei Literaturport
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