Wenn jemand schwach flackert

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Als ich zu sauer war, schrie ich:
„Wieso prescht ihr vorbei?
Sieht niemand, wie schwach
ich flacker und paddel?“
Als ich zu süß war, gurrte ich:
„Wie herrlich die Strömung!“

Am Dienstagabend: habt ihr gesungen,
Am Donnerstag: die lieben Hände gefaltet,
Am Sonntagmorgen: grüßtet ihr und zeigtet
Herzen aus schönem, persönlichem Honig.

Als ich wisperte: „Wieso verdorre ich?“
Da sagtet ihr: „Wir denken ja ans Gießen,
ein silbernes, dienliches Gießen.“

In meinen Träumen seh ich dies silberne
Gießen und such die gefalteten Hände.

Aus:
Vera Schindler-Wunderlich: «Langsamer Schallwandler. Gedichte». Wädenswil 2022, edition pudelundpinscher.

Vera Schindler-Wunderlich lebt in Allschwil bei Basel und arbeitet als Lyrikerin, Redakteurin und Moderatorin. Sie studierte Anglistik und Musikwissenschaften in Köln, Aberdeen und Freiburg im Breisgau. Für den ersten Gedichtband, «Dies ist ein Abstandszimmer im Freien» (edition pudelundpinscher), erhielt sie 2014 den Schweizer Literaturpreis, für den dritten, «Langsamer Schallwandler» (edition pudelundpinscher), 2023 den Prix Plus von Arts+. Co-Autorin für Seraina Hintermann in der Biografie «Vogel ohne Flügel» (fontis 2023).
Leitet und moderiert seit 2024 den LyrikTalk Basel.
Vera Schindler-Wunderlich bei literaturblatt.ch

Die Textrechte dieses Beitrags liegen beim Verlag, die Bildrechte bei Doris Lipp.

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