Die Frau, die eine weiße Bluse trug und eine hellgraue Weste, schwieg. Sie hätte auch gar nicht gewusst, was zu sagen gewesen wäre, welche Worte sich hätten finden lassen nach dem, was geschehen war. Also saß sie in diesem Raum, hielt ihren Rücken gerade, sah über die Schulter des Arztes hinweg auf den Kunstdruck, der an der Wand hing, schwieg. Ein Macke, dachte sie. Macke hatte sie immer gemocht. Verstehen Sie, was ich sagen will? fragte der Arzt. Sie zwinkerte, schüttelte den Kopf. Ihr Mann lag im Krankenhaus. Hatte eine Stichwunde am Hals. Der Messerstich: von der eigenen Tochter. Was gab es noch zu sagen?

Dissoziative Identitätsstörung, wiederholte der Arzt, nahm seine Brille ab, räusperte sich. Schwer zu behandeln, sagte er, legte die Brille auf den Tisch, kniff die Augen zusammen, massierte seine Nasenwurzel. Er räusperte sich abermals, sah die Frau an, die vor ihm saß, teilnahmslos wirkte. Ob es Anzeichen für einen Missbrauch gegeben hätte, fragte er. Die Frau, die eine weiße Bluse trug und eine hellgraue Weste, blickte auf. Schwieg. Ein Messerstich in den Hals, dachte sie. Glück habe er gehabt, dachte sie. Das, vor allem, hatten die Ärzte gesagt. Glück? fragte sie sich, schüttelte den Kopf. Der Mann setzte die Brille wieder auf, sah auf den Bildschirm, der vor ihm stand. Vom Gang her war das Geräusch eiliger Schritte zu hören.

Wo ist Mama? fragte Lara, presste ihren Lieblingsteddy gegen die Brust. Bald wird sie kommen, sagte das Mädchen, das in der Zimmerecke hockte, im Schneidersitz. Und Papa? Das Mädchen antwortete nicht, grinste. Lara runzelte die Stirn, streichelte den Teddy, legte ihn zur Seite, vorsichtig. Ich verstehe nicht, sagte sie. Musst du auch nicht, antwortete das Mädchen. Es stand auf, sah zum Fenster, lächelte. Blieb in der Ecke stehen, wo die Schatten lagen. Mama! rief Lara, sprang auf, als sich die Tür öffnete, ihre Mutter ins Zimmer trat. Das Mädchen, das in den Schatten stand, hob den Arm, zeigte auf die Frau. Sie hat es gewusst, sagte es.

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