Bob Dylan und der Keksausstecher

Aus dem Alltag

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Jetzt hab ich mich heuer wieder nicht durchsetzen können. Aber so ist das halt, als Azubi kannst du keine großen Ansprüche stellen, das muss man schon einsehen. Auch in der Küche gibt es schließlich Hierarchien und Befehlsketten, dieser Spruch mit den Köchen und dem Brei kommt ja nicht von ungefähr.
Dabei wär‘ er so schön, der Rentier-Keksausstecher.

Verstehen kann ich sie ja, die Doris. Weil lustig ist das nicht, dieses teigige Viech mit seinem riesigen Geweih unversehrt aufs Backblech zu bugsieren, später dann mit einer dünnen Marmeladeschicht mit seinem Klon zusammenzupicken und abschließend dann auch noch die eine Seite mit Schokolade zu glasieren. Und das alles halt so, dass einem der Keks nicht auseinanderbricht oder gar unter den Fingern zerbröselt wie weiland die Grünen bei der Nationalratswahl. So ein Geweih ist nämlich wesentlich filigraner als ein simpler Stern oder eine ordinäre Glückssau.
Und zugegeben: schmecken tut’s auch nicht besser, nur weil es ein Rentier ist.

Jetzt könnt‘ ich mir prinzipiell die ganze Feinarbeit ja selber antun. Rein theoretisch halt. Weil praktisch bin ich in der Küche maximal unpraktisch unterwegs, da bleibt dann ganz schnell nur mehr die Rolle des Handlangers über, so ehrlich muss man schon sein. Wenn’s dann allerdings an die Vanillekipferl geht, tritt mein wahres Talent zutage. Weil so schnell und formvollendet machen die die nicht einmal beim Demel. Aber da kommt mir wahrscheinlich meine Fingerfertigkeit zugute, schließlich war ich ja einmal burgenländischer Landesmeister im Maschinschreiben und das soll man nicht unterschätzen, wie flink die Finger dann sind. Ja, das hätte man damals nicht für möglich gehalten, was man mit dieser Gabe eines Tages alles anstellen kann.
Im Eiltempo Vanillekipferl formen zum Beispiel.

Die Masse kneten ist ja im Grunde eine fast schon erotische Tat. Da darf man sich dann auch nicht groß wundern, wenn die Männer schneller fertig sind als die Frauen. Und wenn einen die Leidenschaft packt wie ein Sturzbach einen verirrten Hund, dann sind sechzig, siebzig Vanillekipferl schneller fertig als der Herr Bundespräsident ‚Antirauchergesetzgebung‘ sagen kann.

Aber wie jeder Rausch endet auch dieser und seine Nachwirkungen bescheren wenigstens kein Kopfweh, sondern befördern höchstens deine Gastritis. Und während Doris das Blech ins Backrohr schiebt – immer noch mit hochrotem Kopf und Tränen in den Augen, weil dass sie so einen Kipferlrambo zu Hause hat, hat sie auch nicht gewusst -, wasche ich mir die Hände und lasse Bob Dylan ‚Here Comes Santa Claus‘ singen.
Dann denke ich mir: nächstes Jahr werden wir ihn aber verwenden, den Rentier-Keksausstecher.

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