Die Wassermänner vom Zicksee

Weinviertel & Seewinkel

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Es ist Mittwoch und die Uhr zeigt grad 7:45 an, als wir aus unserem Polo steigen und der Wind pfeift so schneidig wie in der Mongolei, da werden sich die Przewalski-Pferde gleich wie zu Hause fühlen, nur Jurten haben sie hier deutlich weniger. Und da stellt sich natürlich die Frage, was zum Teufel suchen die zwei um diese Uhrzeit in St. Andrä am Zicksee, weil ein schönes Wetter oder eine partielle Sonnenfinsternis werden sie hier jetzt nicht finden, da können sie lange suchen. Die Antwort hättet ihr aber ohnehin nicht erraten, da könnt ihr noch so gut sein beim Kombinieren, darauf wären weder der Nick Knatterton noch der David Copperfield gekommen und die Joanne K. Rowling auch nicht, weil so viel Fantasie hat nicht einmal die.
In Wahrheit haben wir nämlich auf die Männer vom Wasserleitungsverband gewartet.

Aber vielleicht ist’s besser, ich erzähl‘ euch, wie die Geschichte begonnen hat, weil sonst denkt ihr euch noch na servas, da lässt du die zwei für vierzehn Tag aus und schon werden’s ganz dings, das kommt wahrscheinlich von der vielen Hitz‘ in der ersten Woche oder von der ganzen Sauferei, weil wer fährt denn bitte ins Weinviertel, damit er dort einen Galgen oder ein paar Hochspannungsmasten sieht? Also ang’fangen hat’s damit, dass die Brigitte ziemlich verzweifelt war. Und ihr müsst’s wissen: die Brigitte ist ganz, ganz selten verzweifelt, also zumindest was ich weiß, weil sie arbeitet im diplomatischen Dienst und da kriegt man ja so viel zu sehen und zu hören, da würd’s unsereins glatt das Beuschel durchreißen. Die Brigitte momentan grad in Shanghai, baut aber ein Haus in St. Andrä, quasi Kontrastprogramm, weil schon eine Handvoll Leute weniger in St. Andrä, nur verstehen tut man sie schlechter.

Da sind natürlich viele Dinge zu erledigen bei so einem Hausbau, da musst du organisatorisch schon was draufhaben, dass da nix schiefgeht, wenn du im Fernen Osten hockst und dein Haus im Seewinkel. Und das hat auch alles eins a hingehauen, weil Brigitte ja im diplomatischen Dienst, da hast du einfach das nötige Rüstzeug, um mit Handwerkern und Lokalpolitikern klarzukommen.
Nur beim Mann vom Burgenländischen Wasserleitungsverband, da hast du dann eben doch deinen Meister gefunden, das hast du vorher auch nicht geglaubt.

Und siehst du, jetzt schon wieder einer dieser Zufälle: weil just zu dieser Zeit eine deiner besten Freundinnen und ihr burgenländischer Mann, hocken die doch grad zwei Dörfer weiter, als wär‘ das das Normalste von der Welt. Und, das muss man schon sagen, das ist geballte Kompetenz, frage nicht. Weil die Frau hat das technische Know-How und der Mann die richtige Provenienz, und die darfst du nicht unterschätzen, weil ein burgenländischer Wassermensch kann mehr Standesdünkel haben als der Ludwig XIV. und der Wilhelm II. zusammen.

Ja, und das war dann der Grund, warum wir am Mittwoch in der Früh in St. Andrä gestanden sind. Die Kurzfassung halt.

Die zwei auch überpünktlich da, um zehn vor acht, und einer groß und schlank und recht freundlich und der andere, na ja, ein bisserl breiter gebaut und mürrisch wie ein Wasserbüffel, wenn er Magendrücken hat, und da siehst du gleich: das ist nicht der, der in den Schacht klettert und ganz sicher der, mit dem die Brigitte telefoniert hat.

Und wie’s halt so ist im Leben: der eine ist kooperativ und der andere ortet nur Probleme. Wobei, die Aufgabe jetzt nicht: berechne die Erdumlaufbahn von einem geodätischen Satelliten, sondern: bau einen Wasserzähler ein bei der Adresse so und so. Also das kann man schon schaffen, wenn man beim Wasserleitungsverband arbeitet. Das Problem, wenn man so will: es sind zwei Leitungen im Schacht, weil Anschluss vom Nachbargrund auch dort, Nachbargrund aber überhaupt noch Brachland, da bringt dich der Wasserzähler auch nicht viel weiter. Und jetzt eine dieser Situationen, wo du sagen kannst, risikier ich, weil Chance fünfzig fünfzig, oder denk ich kurz drüber nach? Macht der Lange Gott sei Dank Letzteres, weil er hat ja auch seine Wassermannehre, stiefelt auf das Nachbargrundstück und zieht den Schlauch von dem Anschluss aus dem Gestrüpp, dass die Hasen in alle Himmelsrichtungen davonstürmen und sagt: ‚Do wer ma einiblosn, daun wiss‘ mas‘. Dann stiefelt er zurück und steigt in den Schacht, weil blasen lässt er natürlich den Stämmigen. Das ist nämlich gar nicht dünn, so ein Wasserrohr, da brauchst du schon ordentlich Kraft in den Lungen und da würd‘ ich mich dann auch lieber in die Grube setzen. Und ich noch so, als der Mürrische zum Schlauch geht: ‚Jo is‘ iana denn gor ned koid?‘, weil grad dass ich nicht mit Skiunterwäsche in der zugigen Pampa dasteh‘, und schau, da blüht er wirklich auf, versteh‘ ich ja doch noch was von meinen Burgenländern.

Und der Trick mit dem Blasen haut natürlich hin und der Wasserzähler auch angeschlossen und gleich wieder abgedreht, dass nicht vielleicht ein kleines Unglück passiert, weil Shanghai doch ein bisserl weit weg, dass du sagst, ja, Hauptsach‘, das Wasser rinnt und in den Zicksee passt eh noch genug rein, es hat ja heuer gar so wenig geregnet. Und die Männer vom Wasserleitungsverband mittlerweile überhaupt aufgetaut, da meint der Lange noch vorm Gehen: ‚I hob jetz no wos z’saumg’fosst, des diaft I eigentli nit, des derfat nua da Inschtallatea.‘ Und der Stämmige fast redselig für seine Begriffe, der hat in den dreißig Minuten sicher mehr gesprochen als sonst in einem Monat.

Der restliche Tag übrigens noch richtig schön, da sind wir die Lange Lacke entlanggewandert, da siehst du Graugänse, das reicht bestimmt für ein Leben lang und am Nachmittag dann nochmal zum Haus und zum Zicksee zurück und ich muss sagen: mit ein wenig Sonne und ohne Orkan das reinste Paradies, da kann die Südsee glatt einpacken.

Und das war’s dann mit unserer Reise und sogar die deutsche Nationalmannschaft hat gesagt: na wenn die zwei jetzt heimfahren, dann bleiben wir auch nimmer.

Schön war’s.

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