Drei?

Aus dem Alltag

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‚Du bist was?‘, fragt er und es klingt wie ein Vorwurf, der es wohl auch ist. ‚Herrgott noch mal‘, sage ich und drücke meine Fingernägel so stark gegen meine Handflächen, dass es wehtut. Ich weiß nicht, ob ich wütend oder enttäuscht sein soll und entscheide mich für beides.
‚Du warst nah genug dran, da hättest du schon auch was machen können‘, fahre ich ihn an.

Das sitzt. Er atmet tief durch und fährt sich mit der rechten Hand durch seine Haare, was seine Frisur jetzt auch nicht besser macht. ‚Steffi, du bist doch erst neunzehn‘, sagt er, als ob mir das bislang entgangen wäre. ‚Und ich bin auch nicht viel älter. Wollen wir da wirklich schon ein Kind?‘
Er macht ein Gesicht, als hätte man ihm eben drei Zehennägel gezogen.

Er dreht sich um und setzt sich an den Tisch. ‚Es ist nur so‘, sagt er und sieht jetzt aus, als hätte er gerade ganz knapp das Finale der Super Bowl verloren, ‚dass ich mich einfach nicht als Vater sehe, Steffi. Jetzt noch nicht jedenfalls. Und den Job in der Autowerkstatt hab ich doch auch erst seit fünf Monaten.‘ Er sieht mich an wie ein Achtjähriger, der gerade den Suppentopf seiner Mutter ausgeschüttet hat. ‚Flo‘, sage ich und komme ihm ganz nah, berühre ihn aber nicht.
‚Wer sieht sich schon als Vater?‘

‚Ein Kind ist doch etwas Schönes‘, sage ich und spüre die eine Träne, die in meinem Augenwinkel hängt. Ich wische sie weg, bevor er sie sehen kann. Aber er sieht jetzt ohnehin nichts, hängt nur seinen eigenen Gedanken nach. Starrt auf seine Hände. Ganz still stehe ich vor ihm, weiß nicht, wie er sich entscheiden wird.
Weiß es wirklich nicht.

‚Steffi‘, sagt er nach einer gefühlten Ewigkeit und ich bin mir sicher, dass in der Zwischenzeit mindestens fünf Tierarten ausgestorben sind. ‚Ich glaub, ich brauch jetzt ein Bier.‘
‚Ich hätt‘ auch gern eins‘, sage ich. ‚Aber das wär‘ jetzt wohl keine so gute Idee.‘

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