Eurydike spricht
Dreh dich nicht um
eine jede Liebe endet
da kannst du noch
soviel singen
ich die ich
immer nur eine Besungene bin
weiß das
näher bin ich /die
Gebären kann/ am Leben
als du: an seinen
Ecken und Kanten
ich weiß: es gibt
keine Ewigkeit
da wo Tag und Nacht
einander abwechseln
zwar bin ich
hier unten
vom Körper
losgebunden aus
meiner fleischlichen
Haft befreit
doch die Regeln
bleiben: Gedenke mein
und singe
dass du hierher
hinter den Schleier
des Todes gekommen bist
war so nicht geplant
glaub mir:
es ist gut da
ohne Haut und Schmerzen
ohne Wärme und Licht
ich werd dir nicht folgen
zurück in diese
abgegrenzte Form
die ihr Frau nennt
und euren Besitz
blick noch einmal
zurück und
lass dieses Bild los
kein Ton findet jetzt noch
dafür einen Namen:
denn geh: geh und dreh
dich nicht um
eine jede Liebe
endet
Sophie Reyer, geboren 1984 in Wien, lebt in Wien. Publikationen u.a.: “geh dichte” (Lyrik, EYE-Verlag 2005), ”vertrocknete vögel” (Roman, Leykam 2008), “baby blue eyes” (Roman, Ritter 2008), “binnen” (Lyrik, Leykam 2010), „flug (spuren)“ (Leykam 2012), „die gezirpte zeit“ (Lyrik, Berger-Verlag 2013), „Marias. Ein Nekrolog“ (Prosa, Ritter 2013).
“Master of Arts” in Komposition/Musiktheater 2010 sowie Diplom in “Szenisch Schreiben” bei uniT 2010 und Doktor der Philosophie für Sprachkunst. Studium “Drehbuch und Filmregie” an der Kunsthochschule für Medien Köln seit 2011.
Literaturförderungspreis der Stadt Graz sowie Manuskripte-Förderungspreis. Shortlist für den Österreichischen Buchpreis 2019 (“Mutter brennt”, Roman, Edition Keiper 2019).
Zuletzt erschienen: “Clara und ihre Morde“ (Roman, Emons-Verlag). Im Herbst 2023 erscheint “Merlins Tochter“ (Roman, Edition Keiper).
Sophie Reyer
Die Textrechte dieses Beitrags liegen bei Sophie Reyer, die Bildrechte bei Doris Lipp.