Sie sagen, dass der Schmerz erträglicher wird und die Leere. Dass die Ohnmacht schwinden wird wie Herbstnebel, der sich der Oktobersonne beugen muss. Dass es ein volles Jahr brauche, um den Verlust zu fassen. Ihn ertragen zu lernen. Ich lächle, wenn sie das sagen, denn sie meinen es gut mit mir.
Sie fühlen sich besser, wenn ich lächle.
Abschied nehmen, sagen sie, sei wichtig. Wie soll ich Abschied nehmen von einer, die voll Leben war?, denke ich mir. Von einer, die vom Sterben nichts wusste. Die ich im Arm gehalten, deren Haar ich gerochen, deren Kuss ich geschmeckt hatte. Deren Tod ich nicht begreifen kann, weil er ein schreckliches Versehen ist. Ein Irrtum, der nicht denkbar war.
Ja, Abschied nehmen sei wichtig, bekräftigen sie und gehen dann zu denen, die sie lieben.
Ich schließe die Tür und weiß nicht, wohin mit meiner Trauer. Die Katze schlüpft aus dem Nebenzimmer, läuft mir entgegen, streicht um meine Beine. Fordert ihr Futter ein.
Die ersten werden bald ungeduldig. Sind ihre immer gleichen Fragen leid und meine karge Antwort. Erwarten, dass ich mich abfinde mit meinem Verlust, als hätte ich meine Geldbörse verloren oder den Schlüsselbund verlegt. Wollen weiterleben wie vor dem Vorfall.
Können es.
Kündigen die Freundschaft nicht, verabschieden sich höflich.
Melden sich nicht wieder.
Ich will ihnen nicht gram sein, verstehe, dass mein Schmerz nicht ihrer ist. Weiß, dass ich ein Verstümmelter bin, der ungläubig auf seine Wunden starrt. Taub ist für die Geschichten der anderen.
Ich sehe der Katze zu, wie sie zufrieden ihre Schüssel leert. Weiß, dass sie gleich kommen und ihren Körper an mich schmiegen wird, während sie sich wäscht. Ihre Zunge wird über meine Finger streichen, beiläufig nur, als wäre es ein Versehen gewesen.
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